Materialien

Die Minderung der Entdeckbarkeit von Schiffen durch IR-Sensor gelenkte Seezielflugkörper (seaskimmer) stellt eine große Herausforderung an die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet Infrarot Signatur reduzierender Maßnahmen dar (OSM, onboard signature management). In Kooperation mit Partner Firmen beteiligen wir uns an der Erforschung der Grundlagen Signatur reduzierender Maßnahmen im infraroten Spektralbereich, an der Konzeption und versuchsweisen Realisierung entsprechender Materialien oder Maßnahmen, die entweder beim Entwurf neuer Marineschiffe von Anfang an Berücksichtigung finden können oder bei bereits operationellen Marineschiffen nachträglich zur IR-Signatur Reduzierung angebracht werden können. Im Folgenden werden, aufgrund ihrer großen inneren Oberflächen und geringen Massen für einen schnellen Wärmeübergang, zwei strukturierte passive Materialien - eine doppellagige Kunststoffplatte mit einer grob strukturierten Oberfläche sowie ein offenporiger Metallschaum – als einsatzfähige IR-Tarnmittel vorgestellt.

Doppellagige Kunststoffplatte

Es handelt sich um eine fehgraue doppellagige Kunststoffplatte mit einer grob strukturierten Oberfläche. Das Probengewicht beträgt 10,6 kg/m2. Die Gesamtdicke des Materials beträgt ca. 4 cm; dabei entfallen 0,4 cm auf die Grundplatte und 2 cm auf die Abstandshalter zwischen Grund- und Deckplatte. Die Deckplatte ist durch eine unstrukturierte Aneinanderreihung von Kugelkalotten mit Radien zwischen 0,2 cm und 1,8 cm geprägt (siehe Abbildung). Ferner ist die Deckplatte von einer großen Zahl von kreisförmigen Löchern durchbrochen. Die Stärke der Deckplatte beträgt ca. 0,5 cm. Die Grundplatte enthält auf der nach vorn gerichteten Fläche eine dichte Struktur von hervorstehenden Säulen. Die von CAMELEON Factory durchgeführten Untersuchungen bezogen sich auf die Signatureigenschaften der Materialprobe im nahen Infrarot (NIR, 0,7–1,5 µm) und im thermischen Infrarot (TIR), letzteres unterteilt in die Spektralbereiche des kurzwelligen (SWIR, 1,5–2,0 µm), mittleren (MWIR, 3–5 µm) und langwelligen (LWIR, 8–12 µm) Infrarot. Die Oberfläche des Versuchsmusters weist im nahen- und im kurzwelligen Infrarot einen hohen Reflexionsgrad auf, wogegen im thermischen Infrarot ein sehr niedriger Reflexionsgrad gemessen wurde. Das Material ist stark wärmeisolierend. Das Signaturverhalten der Materialprobe im TIR unter unterschiedlichen Umgebungssituationen wurde in einem speziellen Tarnlabor untersucht. Es zeigte sich, dass die Temperaturdifferenz ΔT zwischen Probenoberfläche und umgebender Luft trotz starker solarer Einstrahlung und trotz der hohen thermischen Isolationswirkung bei höheren Windgeschwindigkeiten ungewöhnlich kleine Werte annimmt. Bei Windgeschwindigkeiten, wie sie bei einem Marineschiff schon auf Grund realistischer Fahrgeschwindigkeiten auftreten, ergaben sich Werte von ΔT ≤ 4 K. Bei Verwendung als Oberflächenbeschichtung (z.B. an Aufbauten und Bordwände von Marineschiffe) kann das Material zur Verringerung der Detektions- und/oder Aufschaltreichweiten von gegnerischen Sensoren im thermischen Infrarot führen.

Offenporiger Metallschaum

Offenporige Metallschäume sind eine Klasse von funktionalen Werkstoffen und Ausgangspunkt einer Vielzahl innovativer Produkte in der Industrie. Sie werden prinzipiell durch ein Feingussverfahren hergestellt. Ein modifiziertes Verfahren erlaubt die Herstellung von Bauteilen, die hinsichtlich der Legierungsauswahl, der Geometrie, der Dichte und der Zellstruktur bezüglich der Anwendung optimiert werden können. Die Metallschäume vereinen geringes Gewicht mit hoher mechanischer Festigkeit und bieten durchströmenden Medien (z.B. Luft) eine hohe innere Oberfläche bei relativ geringem Strömungswiderstand. Die Dichte von offenporigem Metallschaum liegt bei ca. 10 % des Ausgangsmaterials. Die hohe Stabilität und extreme Leichtigkeit ergibt sich, indem das dreidimensional vernetzte Gefüge wie ein Ganzes reagiert. Die Belastung wird, wie bei den Speichen eines Fahrrades, über eine große Fläche verteilt. Die Bauteile können mechanisch durch Sägen oder Fräsen nachbearbeitet werden.Die Poren des Metallschaums können idealisiert (z.B. zur Modellierung) als Pentagondodekaeder (d.h. ein von 12 Fünfecken begrenzter Körper) beschrieben werden, deren Kanten die Stege der Gitterstruktur bilden. Das Verhältnis von großem zu kleinem Durchmesser eines Pentagondodekaeders ist theoretisch 1,6. Für die Gitterstruktur der offenporigen Metallschäume variiert der große Durchmesser von ca. 4 mm (10 ppi) bis zu ca. 1 mm (45 ppi) und der kleine Durchmesser von ca. 1,5 mm (10 ppi) bis zu ca. 0,5 mm (45 ppi). Das hier gezeigte Versuchsmuster (siehe Abbildung) besteht aus einer Aluminiumlegierung mit einer Porenweite von ca. 15 ppi. Das Material zeichnet sich (für Metall) durch eine sehr geringe spezifische Dichte von ca. 180 kg/m3 aus. Die Bestimmung des Wärmeübergangskoeffizienten des Metallschaums kann als Kriterium eines "IR-Tarnbewertungsmaß" herangezogen werden, d.h. inwieweit der Wärmeübergangskoeffizient größer als der einer unstrukturierten ebenen Platte ist. Es zeigt sich, dass der Wärmeübergangkoeffizient des Versuchsmusters näherungsweise um den Faktor 3 größer ausfällt als der der ebenen Platte. Dies weist auf den durch die Strukturierung erreichten Verstärkungseffekt hin, der für die Tarnung von Marineschiffen im thermischen IR sehr förderlich ist. Aufgrund seines hohen thermischen Wärmeübergangskoeffizienten weist der Metallschaum eine gute Temperaturanpassung an Lufttemperatur auf und ist in dieser Hinsicht als IR-Tarnmaterial geeignet.